Dorumo (Teil 4)

Nachdenklich lege ich den frisch gedruckten Almanach zur Seite, horche nach draußen. Dort breitet sich Dämmerlicht aus, diese Welt will schlafen gehen. Das Wispern ist einer seltsamen Ruhe gewichen. Nur die Musik drängt sich mit kurzen Fetzen durch die Mikrofone. Schon einmal ist hier ein Raumschiff der Erde gelandet und samt Pilot spurlos verschwunden. Mir gefällt die Ruhe nicht. Die Musik verheißt nichts Gutes, obwohl sie nur ein wenig Melancholie verbreitet. Ich muss wissen, was hier vorgeht, ab besten sofort. Aber auch meine Natur verlangt ihr Recht. Einer Ahnung folgend, lasse ich die physikalischen und chemischen Parameter der Luft und des Bodens um die Landeteller minutenweise prüfen und aufzeichnen. "Alarm!, wenn sich Änderungen im Prozentbereich ergeben!" verlange ich vom Bordhirn. Dann gehe ich schlafen.

Die Nacht hält keine Überraschungen bereit. Nur die Musik scheint irgendwann auch eingeschlafen zu sein. Als ich erwache, ist davon nichts mehr zu vernehmen. Nur ein mäßiger Morgenwind rauscht in den Zeigen. Die Eichhörnchen piepsen wie wild und sausen auf den Zweigen entlang, springen von Ast zu Ast, rasen an den Stämmen herauf und herunter. Gelegentlich balgen sie sich um irgend etwas, was man selbst mit den Ferngläsern hier im Raumschiff nicht erkennen kann, vermutlich sind es Früchte. Meine Phantasie, beflügelt durch diese neue; so erdähnliche Welt, galoppiert durch die Menge der Möglichkeiten.

"Gibt es hier vielleicht doch eine Intelligenz, die Raumschiffe verschlingt?" schießt es mir durch den Kopf. Und wenn ja, "wie macht sie das?"

Mein Frühstück mundet nicht recht und lässt ein Gefühl des Hungers zurück, als ich mit dem Ajee losdüse. Ajee - eigentlich A.G. - ist ein "allmedialer Gleiter", dessen Fußkrause zusammen mit den Hoovermaschinen immer ein optimales Luftkissen aufrechterhält. Zieht man die Krause zurück und gibt tüchtig Strom auf die Hoovermaschinen, so schwirrt der Ajee wie ein Helikopter durch die Luft. Seit Nutzung der Annihilationsenergie kann man Reichweitenbegrenzungen vergessen. Mit den 2 kg Lithium an Bord, kann ich monatelang im Heli-Modus diese Welt unsicher machen. Spuren von Lithium haben die Wasser- und Bodenproben schon gezeigt. Da hier die Erdenbakterien auch leben können, habe ich die Bioreaktoren auf Li eingestellt. Umlaufpumpen saugen nun Flusswasser ein, spülen es durch die Reaktorsäulen und lassen es um ein wenig Lithium erleichtert wieder frei. Jeden Tag würden jetzt rund 100 g Li absorbiert. Ein Stein kullert mir vom Herzen: Energieprobleme wird es keine geben.

Der Tag beschert mir einen angenehmen Flug zu der Stelle, wo mein Kollege vor vier Jahren gelandet ist. Kameras zeichnen unterwegs alles auf. So kann ich den Rückweg automatisch finden und vielleicht erschließen sich später noch wichtige Einzelheiten.

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