Zeitlose Liebe (2)

Nun sind zwanzig Kilometer doch relativ schnell vorbei, wenn die Landschaft abwechslungsreich ist, und man gut vorankommt. Ich erreichte das Dorf mit der Bahnstation bereits um halb zwölf, so dass ich mir in aller Ruhe einen Gasthof suchen konnte. Aber wie das so ist, wenn man viel Zeit hat, dann findet man das Gesuchte sofort. Der Gasthof war zwar äußerlich alt, aber die Küche wurde von einem Italiener geführt. Die Speisekarte wies Entsprechendes aus. Schnell hatte ich gegen meinen Hunger eine große Pizza Salami auf meinem Teller. Dazu hatte ich mir einen Schoppen Rotwein bestellt.

Nun, auch die kräftigste Pizza ist irgendwann zu Ende und der Wein getrunken. "Auf einem Bein kann man schlecht stehen", dachte ich bei mir. Also bestellte ich noch einen Wein. Ich sah mich noch etwas in der Gaststube um, schlürfte meinen Wein und blickte aus dem Fenster. Draußen lockte die sonnenbeschienene Dorfstraße: "Noch ein paar Kilometer um das Dorf!".

Ein paar Lockungen weiter, bereits beschwingt durch den Wein, zahlte ich und zog meines Weges. Ich suchte den Bahnhof, fand ihn und wusste nun, wo er war. In der Gewissheit, ihn rechtzeitig wieder finden zu können, stieg ich hinter dem Dorf den nächsten Hügel hinauf. Das war weitaus anstrengender, als ich gedacht hatte. Denn der Wein hatte eine so große Erdenschwere erzeugt, dass es mir am Ende des Hügels schwer fiel, noch die letzten paar Meter nach oben zu gehen.
Aber es war die Mühe wert!

Das Haus

Oben öffnete sich der Blick: Hinter mir das Dorf, auf der anderen Seite Hügel und Felder soweit das Auge reicht. Der Wein und das Gold der frühen Nachmittagsstunde ließen mich einen Fuß vor den anderen auf den Höhenrücken setzen. Ich achtete nicht mehr auf die Uhr und langsam neigte die sich der Tag zum Abend. Ich sah mich nach einem Rückweg um.

Ich mag es nun einmal nicht, den gleichen Weg, den ich gekommen bin, zurück zu laufen. Also dachte ich mir, geh' ich solange nach links, bis ich wieder im Dorf bin. Und wenn man nach oben gelaufen ist, muss man halt wieder herunter! Nun, links deutete sich ein Tal an. Es war fast gar nicht zu erkennen. Nur, wenn man über den Wald blickte, verschwanden allmählich die entfernten Bäume hinter denjenigen im Vordergrund.

Auf meinem Weg nach links stapfte ich dem Wald zu. Der feuchte Weg zwischen den Wiesen saugte an meinen Schuhen. Schließlich endete der Weg vor einem Stacheldraht. Vorsichtig stieg ich darüber. Aber ich blieb mit meiner Hose hängen. Ein Ziehfaden war die Folge. "Wenn's weiter nichts ist ...", nahm ich den Schaden in Kauf. Auf der anderen Seite musste ich erst ein wenig herumsuchen, um mir zwischen den Bäumen und im Unterholz einen Weg zu suchen. Dabei fand ich einen starken Ast, der sich als Wanderstab hervorragend eignete. Ich nahm mir die Zeit, mit meinem Taschenmesser einen oben abgerundeten Griff zu schnitzen. So schritt ich nun durch den Wald, über raschelndes Laub und durch schlagende Zweige.

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