Zeitlose Liebe

© Ekkard Brewig, 9. September 2000, revidierte Fassung 24. Oktober 2004

Ich hatte mich gut ausgerüstet. Dazu gehörten eine Wanderkarte, ein paar feste Schuhe und der gute Mut, den ein fast schon warmer Frühlingstag mit blauem Himmel und ziehenden Wolken gewähren kann. Ich bin ein Frühaufsteher. Es gefällt mir, vor den ersten Sonnenstrahlen her zu laufen. Ich habe Familie. Aber genauso gerne bin ich gelegentlich alleine unterwegs.

Gleich hinter unserem Haus bog ich in einen Feldweg. Der dort beginnende Wald nahm mich auf und führte mich hinunter in das Tal. An einigen wenigen Stellen im dunklen Hang fanden sich noch einige schmutzige Schneereste, doch waren die Temperaturen erträglich in dieser frühen Morgenstunde. Die Bäume und Sträucher rechts und links des Weges zeigten schon zarte Ansätze von Knospen. Ja, man kann sagen, ein leichter Grünschleier lag über dem Unterholz. Rechts unter mir rauschte das Wasser des nahen Baches. Noch eine Biegung, dann führte mich eine Brücke über diesen Bach. Auf der anderen Seite des Baches schlängelte sich der Weg den jenseitigen Hang wieder hinauf. Die Anstrengung der frühen Wanderung trieb Wärme durch meine Glieder. Ich war glücklich, allein zu sein auf diesem im Schatten gelegenen Weg mit den hohen Bäumen rechts und links. Stämme und Blätterdach erschienen wie eine Kathedrale und ähnlich feierlich wurde mir zumute.

Ich hatte mir viel vorgenommen heute. Zwanzig Kilometer!

Das Haus Es sollte eine "richtige" Wanderung werden! - Und ich wollte den Weg nicht zurückgehen! Ich hatte meine Route so eingerichtet, dass ich nach längerer Wanderung ein Dorf und dort die Bahnstation erreichen konnte. Bei meiner Familie hatte ich mich für den ganzen Tag abgemeldet mit der Bemerkung, dass ich am frühen Nachmittag erst Essen und später noch "einen trinken gehen wollte". Und ich hatte anklingen lassen, dass ich eventuell am nächsten Tag, einem Sonntag, noch weiter wandern wollte. Fände ich ein gemütliches Gasthaus, würde ich dort einkehren und übernachten.

Beschäftigt mit meinen Plänen, schritt ich schnell aus und erreichte die nächste Hügelkuppe. Von nun an verlief der Weg über die Höhen ohne größere Anstrengungen. Zugleich pfiff mir der Wind um die Ohren, der mich zwang eine Mütze aufzusetzen. Die Jahreszeit war eben doch noch nicht geeignet, ohne Kopfbedeckung herum zu laufen. Nun genoss ich das warme Gefühl in meinem Inneren und die frische Kühle draußen. Rechts im Hintergrund nach Norden hin, versteckte sich ein Dorf hinter den Hügeln. Nur einige Schieferdächer schimmerten grau im Morgenlicht herüber. Aber mich, den einsamen Wanderer begleiteten nur die Vogelstimmen und das abwechselnde Licht zwischen freiem Feld, Flur und Wald. So ging der Vormittag vorüber und die Sonne stieg höher am Himmel. Angenehme Wärme strahlte mich von hinten an und ich machte mir ab und zu den Spaß, rückwärts zu gehen, damit auch die andere Seite einmal etwas von der Sonne abbekäme. In dieser Jahreszeit kann man so etwas gebrauchen.

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